Sollten Sie als Frau unter einer der oben genannten Erkrankungen leiden, informieren Sie sich bitte in unserer Homepage, oder wenden Sie sich vertrauensvoll an eine/n Kollegen/in in Ihrer Nähe.

Sexuelle Funktionsstörungen der Frau

Sexualität ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Probleme bei der Sexualität sind häufig und brauchen kompetente medizinische Behandlung. Dass sexuelle Störungen bei Frauen nicht annähernd so gut untersucht sind, wie bei Männern, ist eine Tatsache, doch wird in letzter Zeit dieses Thema zunehmend enttabuisiert und die Wissenschaft beschäftigt sich verstärkt mit Forschung und allfälligen Behandlungsmethoden.

Die Sexualität der Frau wandelt sich im Laufe ihres Lebens abhängig von hormonellen Veränderungen (z. B. Menopause), psychischen Einflüssen, sozialem und kulturellem Hintergrund aber auch Erkrankungen. Zusätzlich unterliegt sie den allgemeinen körperlichen und seelischen Veränderungen im entsprechenden Lebensalter, von der Pubertät bis ins hohe Alter.


Laut internationalen Studien leiden weltweit ca. 40% der Frauen unter Problemen in ihrem Sexualleben. Die Mehrzahl der Beschwerden betrifft reduzierte sexuelle Lustgefühle.

Die sexuelle Aktivität der Frau wird in verschiedene Phasen eingeteilt:

  1. Lust
  2. Erregung
  3. Orgasmus
  4. Entspannung

Allfällige Störungen können in den unterschiedlichen Phasen und auch kombiniert auftreten.

Die häufigste sexuelle Funktionsstörung der Frau stellt die

  • Hypoaktive sexuelle Erregungsstörung dar: sie ist definiert durch Lustlosigkeit oder sexuelle Abneigung, bzw. mangelndes sexuelles Interesse
    Eventuelle Ursachen können sein:
    Veränderungen des Hormonstatus, Grunderkrankungen (Zuckerkrankheit, kardiovaskuläre Erkrankungen, Entzündungen, Narben oder Verletzungen im Bereich des äußeren Genitale, Depressionen, Angststörungen, etc.) Medikamente (alle Psychopharmaka, manche Medikamente gegen Bluthochdruck, Kontrazeptiva, Hormonblocker, etc.) und psychosoziale Umstände (soziale Belastungen in Familie, Job, Umgebung; religiöse Hintergründe, Ursachen der Erziehung, traumatische Erlebnisse, etc.).

  • Erregungsbildungsstörungen: betreffen vor allem die fehlende oder mangelhafte Erregung (mangelhaftes Feuchtwerden = Lubrikationsstörung)
    Grundsätzlich können die gleichen Risikofaktoren, wie bereits unter Punkt 1 beschrieben verantwortlich sein. Dazu kommen noch lokale Faktoren wie beispielsweise lokaler vaginaler Hormonmangel.

  • Schmerzstörungen (Dyspareunie und Vaginismus): in der Phase des Einführens des Penis in die Scheide kann es zu Schmerzen oder zu schmerzhaften Muskelkrämpfen im Bereich der Scheide kommen
    Schmerzstörungen betreffen vor allem jüngere Patientinnen. Neben gynäkologischen Erkrankungen, ev. Missbrauchsanamnese spielen auch Lustlosigkeit und Erregungsbildungsstörungen eine Rolle: bei einem versuchten Geschlechtsverkehr ohne Erregung kommt es nicht zum Feuchtwerden der Scheide; somit fehlt ein entsprechender „Schutzfilm“, es kommt zu Schmerzen, ev. Verletzungen oder Irritationen der Scheidenflora bis hin zu verstärkter Infektionsgefahr. Diese Schmerzen können im sogenannten „Schmerzgedächtnis“ gespeichert werden, damit chronisch werden und zu Verspannungen/Krämpfen im Bereich des Beckenbodens führen.

  • Orgasmusstörungen: fehlender Orgasmus, oder massiv verzögerter Eintritt des Orgasmus, bzw. Auftreten von Kopfschmerzen, Gereiztheit oder Depressionen nach dem Orgasmus
    Orgasmusstörungen haben ihre Ursache in Risikofaktoren die schon unter Punkt 1 aufgeführt sind, und sind auch situationsbezogen.

Harninkontinenz

Unter Harninkontinenz, im Volksmund oft als Blasenschwäche bezeichnet, versteht man unfreiwilligen Harnverlust, der unterschiedliche Ursachen haben kann.

In Österreich sind etwa 850.000 Frauen und Männer von einer Harninkontinenz betroffen, d.h. etwa jeder zehnte Einwohner. Bei Frauen tritt dieses Leiden weitaus häufiger auf. Die beiden grundlegenden Formen des Harnverlustes sind die Belastungsharninkontinenz und die überaktive Blase.

Belastungsharninkontinenz (früher: Stressinkontinenz)

Sie entsteht durch einen defekten Verschlussmechanismus der Harnröhre. Der unfreiwillige Harnverlust wird dabei durch körperliche Anstrengung verursacht. Meist sind Niesen, Husten oder Lachen sowie physische Belastungen wie Treppensteigen und das Heben schwerer Lasten auslösende Faktoren. Durch die körperliche Belastung erhöht sich der Druck auf den Bauchraum und die Verschlusskraft des Schließmuskelapparates reicht nicht mehr aus, um einen Urinverlust zu verhindern. Ursache dafür ist eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur, vor allem nach Schwangerschaft und Geburt, aber auch aufgrund hormoneller und altersbedingter Veränderungen. Die Harnblase selbst ist nicht betroffen und funktioniert normal. Die Belastungsinkontinenz betrifft alle Altersgruppen. Der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen 50 und 60 Jahren, aber auch bei jüngeren Frauen ist die Belastungsinkontinenz keineswegs selten.

Überaktive Blase (früher Dranginkontinenz)

Kennzeichnend für diese Form der Harninkontinenz ist ein ungewöhnlich heftiger, plötzlich (überfallsartig) und stark („befehlshaft“) auftretender Harndrang. Den Betroffenen wird der Weg zur nächsten Toilette zu lang und es kommt zum Harnverlust. Die Ursache dafür ist meist in der harnaustreibenden Muskulatur zu suchen, die aktiv wird, noch bevor die Blase ausreichend gefüllt ist. Harndrang tritt deswegen wesentlich häufiger als im Normalfall auf. Da er auch nicht zu unterdrücken ist, müssen manche Betroffene mitunter mehrmals pro Stunde eine Toilette aufsuchen.

Die reine Dranginkontinenz ist bei Männern häufiger als bei Frauen, da bei Männern eine Belastungsinkontinenz fast nur nach Operationen im kleinen Becken auftritt.
Die Dranginkontinenz betrifft vor allem ältere Menschen.

Mischinkontinenz

V.a. bei älteren Patienten besteht als Ursache des Harnverlustes häufig eine Mischung aus oben genannten Krankheitsbildern. Je nach überwiegender Komponente muss die Behandlung individuell abgestimmt werden.

Therapiemöglichkeiten

Wichtigster Schritt ist ein aktives Beckenbodentraining, das selbst durchgeführt werden kann. Es sollte unter physiotherapeutischer Anleitung erlernt und durchgeführt werden. Entscheidend für den Erfolg ist, dass regelmäßig und richtig trainiert wird. Das Beckenbodentraining kann durch Biofeedbackverfahren unterstützt werden, die den Erfolg der Bemühungen veranschaulichen: Mit einer speziellen Sonde, die in die Scheide oder Enddarm eingebracht wird, kann man den Erfolg der Bemühungen verfolgen und kontrollieren und so seinen Beckenboden besser kennenlernen. Mitunter ist auch eine Elektrotherapie des Beckenbodens sinnvoll. Zur Unterstützung wurden für weibliche Patienten auch sogenannte Vaginalkegel entwickelt, die in die Scheide eingeführt und durch aktive Muskelanspannung dort gehalten werden und somit zu einer Muskelstärkung führen.
Bei der überaktiven Blase kann ein zielgerichtet durchgeführtes Verhaltenstraining (Miktionstraining, Toilettentraining) eine Verbesserung erbringen.

Änderungen im Lebensstil wie Gewichtsreduktion, Raucherentwöhnung, Stuhlgangregelung sowie Kontrolle der Trinkmenge und regelmäßige Blasenentleerung können das Beckenbodentraining wirksam unterstützen.

In der Therapie der überaktiven Blase spielen Medikamente eine wichtige Rolle, v.a. so genannte Antimuskarinika und in letzter Zeit auch eine neue Substanzklasse (sog. Betarzeptoragonisten).
Operationen sind angebracht, wenn konservative und medikamentöse Therapien nicht zum gewünschten Erfolg führen. Für die Belastungsharninkontinenz ist heutzutage der häufigste Eingriff die Implantation eines künstlichen Bandes zur Unterstützung der Harnröhre und des Beckenbodens. Dabei führt der Operateur ein spezielles Kunststoff-Band spannungsfrei um die Harnröhre und fixiert es im benachbarten Gewebe. Dadurch bildet sich ein Widerlager, das den Blasenhals und die Harnröhre und damit auch den Schließmuskel stabilisiert.
Die Erfolgsraten dieses chirurgischen Eingriffs liegen zwischen 60 und 90 Prozent.
Bei der überaktiven Blase besteht nach Versagen der medikamentösen Therapie entweder die Möglichkeit der sakralen Neuromodulation („Blasenschrittmacher“), bei der ein Impulsgenerator zur Normalisierung der Blasenaktivität dauerhaft implantiert wird oder aber die (wiederholt erforderliche) Injektion von Botulinumtoxin in die Blasenwand zur Unterdrückung der Überaktivität der Blasenmuskulatur.

Die Diagnose und Behandlung der Harninkontinenz erfordert urlogisches Fachwissen und auch Erfahrung. Wenden Sie sich an die/den Urologin/en Ihres Vertrauens.

© bvU – OA Dr. Martin Haydter