18.9.2014, 10h im DO&CO Albertina Statement Dr. Karl Dorfinger, Präsident des Berufsverbandes der Österreichischen Urologen
Rauchen ist ein sehr ernst zu nehmender, aber leider noch immer recht unbekannter Krankmacher in der Urologie. Im Vordergrund stehen dabei urologische Krebserkrankungen, insbesondere Blasenkrebs, männliche Unfruchtbarkeit und Erektionsstörungen. Weil in der Öffentlichkeit noch ein starker Informationsbedarf zu bemerken ist, werden die österreichischen Urologen künftig konsequent über diese Zusammenhänge aufklären. Um konkrete Zahlen zum Wissensstand der Bevölkerung zu bekommen, haben wir beim Institut Peter Hajek Public Opinion Strategies eine Online-Umfrage in Wien (765 Befragte) beauftragt. Die Ergebnisse waren ernüchternd:
- Nur 13% der Befragten wissen, dass Rauchen die Harnblase schädigt.
- Nur jeder 3. weiß, dass die Urologie auch für die männlichen Geschlechtsorgane und den Genitalbereich („Männerarzt“) zuständig ist.
- Alarmierend ist, dass ein Drittel (34%) der Männer und die Hälfte (49%) der Gesamtbevölkerung noch nie beim Urologen war.
Diese Daten motivieren uns zusätzlich, künftig über die Gefahren des Rauchens aus urologischer Sicht aufzuklären, über die Leistungen des Faches Urologie zu informieren, und das Wissen und das Bewusstsein über den Nutzen regelmäßiger Kontrollen beim Urologen entsprechend zu verbessern.
Der Berufsverband der Österreichischen Urologen hat sich darüber hinaus gemeinsam mit der Gesellschaft für Urologie und Andrologie und der Universitätsklinik für Urologie am AKH Wien auch das Ziel gesetzt, Raucher beim Aufhören zu unterstützen.
Deshalb haben wir in einer österreichweiten Umfrage die Einstellung von 212 Urologinnen und Urologen zu diesem Thema erhoben. Es handelt sich dabei um durchwegs erfahrene Kolleginnen und Kollegen, die über die Risiken des Rauchens gut Bescheid wissen. Wir wollten wissen, wie konsequent sie Patienten über das Rauchen aufklären und ggf. zum Aufhören motivieren.
- Die Behandlung von Blasenkrebs war keine Seltenheit. 42% der Befragen haben im Jahr 2013 mehr als 50 Patienten behandelt, 34% 25 bis 50, 22% bis zu 25 und nur 2% keine.
- Die Antworten auf die Frage, „Wie oft weisen Sie Patienten mit Blasenkarzinom auf die schädliche Wirkung von Zigarettenkonsum hin und fordern sie auf, das Rauchen einzustellen?“, zeigten ein hohes Problembewusstsein. 89% gaben „immer“ an, 11% „manchmal“ und nur weniger als 1% „eher nicht“.
- Die Intensität dieser Bemühungen ist noch verbesserungswürdig. Nur 3% stellen „immer“ und 23% „manchmal“ schriftliche Ratgeber/Unterlagen zur Verfügung. Unterstützende Medikamente zum Nikotinersatz empfehlen bzw. verschreiben nur 4% „immer“, 30% „manchmal“, 66% „eher nicht“. Die Teilnahme bei Antiraucherprogrammen/Rauchertelefon empfehlen nur 15% der Befragten „immer“, 48% „manchmal“ und 37% „eher nicht“.
Zusammenfassend bedeutet das, dass Patienten zwar über die Gefahr des Rauchens informiert werden, doch die notwendigen Instrumente zum Aufhören nicht oder zu wenig eingesetzt werden. Der Berufsverband der Österreichischen Urologen wird deshalb solche Informationsunterlagen verstärkt erarbeiten und zur Verfügung stellen. Weil nur 3% der befragten Urologen eine Ausbildung in Antiraucherberatung absolviert haben, sehen wir hier einen starken Nachholbedarf und werden versuchen, entsprechende Ausbildungsprogramme zu forcieren. Das enorme Suchtpotential des Rauchens ist bekannt, und wir wissen, dass vor allen anderen junge Menschen und Frauen von dieser Sucht bedroht sind, ganz besonders in Österreich. Die österreichische Urologie wird deshalb die Öffentlichkeit auf den Zusammenhang zwischen dem Rauchen und urologischen Erkrankungen hinweisen – was wir u.a. mit dieser Pressekonferenz bezwecken;
- Rauchern in urologischen Ordinationen und Ambulanzen Hilfe beim Aufhören anbieten, dafür
- Informationsmaterialien für alle Interessierten mitgestalten und verteilen, und
- unsere Kollegen in geeigneten Fortbildungsformaten dazu ermuntern, sich dieser Initiative anzuschließen. Den Anfang machen wir morgen bei einer Fachtagung zu diesem Thema.
Da wir als relativ kleine Fachgruppe nur begrenzte Möglichkeiten haben, ersuchen wir auch die Verantwortlichen in der Gesundheitspolitik, folgende Punkte möglichst rasch umzusetzen:
- rauchfreie Lokale in ganz Österreich
- steuerliche Absetzbarkeit von Unternehmerkosten für Antiraucher-Maßnahmen,
- Unterstützung der österreichischen Urologen bei der Information der Bevölkerung.
Aus zahlreichen wissenschaftlichen Studien aus der ganzen Welt wissen wir, wie wirksam Antiraucher-Gesetze sind. Sie verbessern die Lebensqualität der Menschen und können unnötige Todesfälle verhindern. Österreich ist in Punkto Rauchen Schlusslicht in der EU. Es ist höchste Zeit, dass wir etwas dagegen unternehmen. Wir hoffen auf kräftige Unterstützung aller Beteiligten.